Wege

Die richtige Abzweigung finden: Wege zu neuer Stärke

Und wie erreiche ich jetzt, dass in meinem Pflegefamilien-Alltag wieder mehr Mut einkehrt? Gar nicht so einfach, da ein Patentrezept zu finden. Als Ergänzung zu den Beispielen, wie es andere Pflegeeltern machen, haben wir hier noch einige weiterführende Gedanken zusammengetragen – auf dass sie viel (und Vielen) helfen mögen!

„Zum Trauen gehört zuerst das Wissen!“, hat Henrike Hopp gesagt, als sie uns bei einem Fachseminar für Pflegeeltern begleitet hat. Bescheid zu wissen, ist der beste Weg, um etwas zu erreichen. Wer sich besser auskennt als sein Sachbearbeiter (oder zumindest gleich gut), läuft nicht so schnell Gefahr, überrumpelt zu werden. Und erkennt leichter, wo eine Argumentation auf den eigenen Fall vielleicht gar nicht zutrifft.

Für besonders wichtige oder auch kniffelige Gespräche empfehlen wir außerdem: Nehmen Sie sich Hilfe mit! Sie haben immer das Recht auf einen Beistand Ihrer Wahl – eine Vertrauensperson, die mitgeht. Und einfach nur dabei ist. Manchmal wirkt allein das schon Wunder. Und wenn sich Ihr Beistand fachkundig ins Gespräch einbringen kann, umso besser.

Wo findet man Wissen?

Alle Gesetzestexte und zahlreiche Vorschriften und auch Urteile stehen online. Google hilft, in Ruhe lesen auch. Ansonsten sind persönliche Kontakte ratsam: Pflegeelternverbände haben oft geschulte Fachberater zu diversen Themen oder wissen, an wen man sich wenden kann. Und auch die Investition in eine Beratung beim Fachanwalt kann sich lohnen. Je nach Verfahren kann man die Kosten sogar manchmal ersetzt bekommen.

Vernetzen Sie sich mit anderen, die in einer ähnlichen Lage sind. Aber bleiben Sie kritisch: Gerade in Online-Foren und Chat-Gruppen wird viel Halbwissen transportiert, und manche Fehlinformation hält sich hartnäckig. Prüfen Sie deshalb immer auch anhand anderer Kriterien, ob Angaben stimmen können.

Schritt für Schritt

Auf welchem Weg kann man selbst zu eigener Stärke finden? Folgende Schritte, die wir im Seminar erarbeitet haben, können Pflegeeltern eine Orientierung geben:

  • Standort bestimmen
  • Ziel klären
  • Wissen aneignen
  • Helfer/Hilfe/Beistand suchen, eventuell Öffentlichkeit herstellen
  • aufrichten, stark sein, ruhig argumentieren, Provokationen ignorieren oder abwehren
  • berühren und überzeugen.

Politik in der Sackgasse

Und dann wäre da noch – das Trauerspiel mit der Politik. Die Gesetzeslage ist für Pflegekinder, die besondere Herausforderungen mit sich bringen, im Moment leider so schlecht wie noch nie. Das Kinder- und Jugendstärkungsgesetz, das zumindest einen Teil der seit Jahren bestehenden Missstände hätte beheben sollen, ist 2017 im Bundestag blockiert worden.

Dabei wäre es dringend notwendig: Ende 2018 läuft die Übergangsregelung im Zwölften Sozialgesetzbuch (§ 54 Abs. 3) aus, nach der Kinder mit Behinderung in Pflegefamilien leben können. Eigentlich hätte diese Regelung längst durch eine „inklusive Lösung“ ersetzt werden sollen. Im Moment sind jedoch weder eine inklusive Lösung noch eine Verlängerung in Sicht. Dann stehen behinderte Pflegekinder nächstes Jahr völlig ohne Gesetzesgrundlage da.

Es ist für die Politik dringend notwendig, hier zu handeln. Und zwar noch 2018!

Was brauchen wir, damit es uns besser geht

Pflegeeltern haben in unseren Workshops formuliert, was ihnen gut täte:

  • Wertschätzung, Anerkennung, Respekt;
    dass unsere Leistung gesehen wird
  • Fachliche Diskussionen, nicht persönlich werden
  • Unabhängige Beratung (von Krankenkassen, Trägern),
    ohne dass jemand Angst hat, dass ich ihn Geld koste
  • Ausreichende finanzielle Ausstattung (würde Vieles vereinfachen, Tagessatz ab 100 €)
  • Vertrauen: Pflegeeltern sind ja nicht schuld an der Situation des Kindes
  • Selbstbestimmung
  • Vergleichbarkeit, einheitliche Regelungen bundesweit
  • Gutes Schulsystem, das mit Inklusion zurechtkommt
  • Nachsorge (wenn ein Kind nicht mehr in der Pflegefamilie leben kann bzw. gestorben ist)

Was brauchen wir, um das zu lösen

  • eine Anlaufstelle / Case Management / Lotsendienst
  • Fachkompetenz
  • Verbindliche Regelungen bundesweit / Leitfaden für Ämter
  • Selbstwertgefühl
  • Vernetzungen
  • Stärkung / Rechte einfordern
  • Öffentliche Wahrnehmung / Aufklärung
  • Besseres Image / bessere Lobby

Wie das gehen könnte

  • Wir müssen aus unserer gebückten Haltung raus!
  • Ohne Angst
  • Rückgrat haben
  • Unsere Lebenseinstellung/-ideologie macht uns wertvoll!
  • Man muss an das Gute glauben!
  • Wenn wir uns nicht einsetzen für unsere Kinder, macht es keiner.

Trotz allem: Optimismus!

„Sie müssen so etwas wie Optimismus haben, wenn Sie Kindern helfen wollen.“ Auch diesen Satz hat uns Henrike Hopp mit auf den Weg gegeben. In diesem Sinne wünschen wir allen Pflegeeltern: Kopf hoch und gutes Gelingen!